Sehr schöner Text zur Sommerausstellung "Vom Weggehen und (nicht) Wiederkommen"



von Franz Rüdisser


Von Migration, vom Aus- und Einwandern, vom freiwilligen und vom erzwungenen, von der saisonalen Arbeitssuche draußen und bei uns herinnen, von früher und von heute, berichten in diesem Sommer gleich mehrere Ausstellungen in unserer Region. Beweist, dass gelungene Kooperation verschiedener Kulturträger ein spannendes, vernetztes Angebot schafft.

Bludenz dokumentiert seine Migrationsgeschichte im Schloss Gayenhofen und der Verein allerART hat Künstlerinnen und Künstler mit migrantischem Hintergrund zu einer Ausstellung eingeladen. Im Klostertalmuseum in Wald wird, neben anderen Wanderungsbewegungen, nachgegangen, welchen Einfluss der Bau der Arlbergbahn auch auf die Bevölkerungsstruktur des Tales hatte. In die Vereinigten Staaten wanderten im 19. Jahrhundert viele Montafoner aus. Ihre Beweggründe und weiteren Schicksale werden im Heimatmuseum in Schruns im September dokumentiert.

Eisberg und Boat People

Das Kunstforum Montafon zeigt Arbeiten von sieben Kunstschaffenden, vorwiegend in Österreich geborenen, die selbst ausgewandert sind und die zum Thema Migration Position beziehen. Ein fast vier Meter langes Foto vom gebürtigen Vorarlberger, in New York lebenden Mathias Kessler, ist ein Werk aus seiner Serie <Inseln auf Zeit>. Dieser Eisberg mag auch für eine besonders schreckliche Form der Migration stehen, für Flucht. Darauf bezieht sich Anton Petz. Anregung für seine Malerei nimmt der in Graz geborene und in München lebende Künstler den Fotos in Zeitschriften. Verdichtet diese Vorlage in seiner Bearbeitung zu einer besondern Eindringlichkeit. Sein Bild <Boat People> in der Ausstellung lässt innehalten.

Ein Flüchtlingsschiff taucht wieder auf

Ein weiteres überladenes Flüchtlingsschiff ist, wörtlich zu verstehen,  wieder aufgetaucht. Vor zehn Jahren hat es Katrin Plavcak an eine Wand in der alten Lodenfabrik gemalt. Um es nicht zu zerstören, wurde es damals mit einer abwaschbaren Leimfarbe übermalt. Nun ist es wieder da. Katrin Plavcak lebt jetzt in Berlin und gilt als eine der wichtigsten österreichischen Malerinnen. Der Osttiroler Hannes Zebedin macht engagierte, durchaus auch politisch motivierte Kunst. Seine Wandmalerei <Flüchtlingsströme> sind nach exakten Aufzeichnungen eines Migrationsforschungs-Instituts entstanden. Beklemmend seine schlichte Installation mit drei Stühlen aus einen Flüchtlingsquartier. Die sie benützt hatten, waren abgeschoben worden. Vielleicht nach Russland, nach Tschetschenien? Die russische Fotokünstlerin Anastasia Khoroshilova zeigt zwei großformatige Porträts von Gastarbeitern in Moskau: <People without a territory>. Gastarbeiter im eigenen Land, die ständig mit erniedrigender sozialer Ablehnung leben müssen. Auch Edgar Honetschläger musste fliehen. Der aus Linz stammende Filmemacher und Bildende Künstler lebte und arbeitete zwölf Jahre in Japan. Sein großformatiges Bild zeigt den Einfluss dieser fernöstlichen Kultur. Eine Katastrophe vertrieb ihn aus dem Land. Eine Katastrophe die einen Namen hat: Fukushima. <Sehnsucht> ist der Titel seines neuen Kurzfilms in der KFM-Ausstellung.

Hoffnung

<Hope> heißt die Skulptur der in Sofia geborenen Künstlerin Iv Toshain. Dieser Anker mit Lichtband bildet einen gemeinsamen Nenner für die so unterschiedlichen Kunstwerke, die verschiedenen Handschriften der Annäherungen zu einem Thema, das in Schruns besonders präsent ist. Vor neun Jahren kamen hier die ersten Flüchtlingsfamilien an, wurden in „Maria Rast“ untergebracht; Mütter, Väter, viele Kindern. Gestrandet an einem damals unbekannten Ort, jahrelang in der Angst und der Gefahr wieder weggewiesen zu werden. Es ist ein berührendes Zeichen der Hoffnung, dass bei der Eröffnung der Ausstellung Flüchtlingsfrauen Speisen, köstliche Imbisse nach Rezepten ihrer Herkunftsländer, servierten. Mütter, die mit ihren Familien dank des Engagements vieler Mitbürgerinnen und Mitbürger durch ein humanitäres Bleiberecht einen Ankerplatz, eine neue Heimat erhielten.