Ausstellung

DIE KURANSTALT



Ausstellungs- und Buchprojekt von Ines Agostinelli und Roland Haas in Schruns: ehem. Kuranstalt Montafon und Kunstforum Montafon
 
KünstlerInnen: Ines Agostinelli | Maria Bussmann | Christian Eisenberger | Andreas Heller | Barbara Husar | Marcus Karkhof | Tatiana Lecomte | Klaus Mosettig | Judith Rohrmoser | Michael Strasser | Hannes Zebedin


 

DIE KURANSTALT ist ein freies kuratorisches Ausstellungs- und Buch-Projekt von Ines Agostinelli und Roland Haas, das in Zusammenarbeit mit dem Kunstforum Montafon ausgestellt wird und zur langen Nacht der Museen eröffnet.

Es geht dabei um ein Gebäude mit einer extrem starken Atmosphäre und einer spannenden, wechselvollen und auch ambivalenten Geschichte, und zwar die ehemalige Kuranstalt Montafon in Schruns.

 

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Katalog KURANSTALT

ISBN: 978-3-99018-041-9, Hg. von Ines Agostinelli und Roland Haas, 184 Seiten, 22 x 29 cm, Text: Roger Martin Buergel, dt./engl., EUR 35,- plus Versandkosten (Österreich: 3,--, Europaweit  7,--)

Subskriptionspreis bis 2. 12. 2010: 28,-

zu bestellen bei kunstforum@dont-want-spam.montafon.at

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Zur Geschichte der Kuranstalt:

In den frühen 50er Jahren eröffnet , war sie ein Haus mit „Weltruf“, wie es damals geheißen hat.

Könige, Grafen, Fürsten, Scheichs, Ministerpräsidenten und Kanzler, Kardinäle ebenso wie der Aga Khan oder Nahum Goldmann, dem Präsidenten des jüdischen Weltbundes, sind ein und aus gegangen, aus der Wirtschaft waren es Familien wie Swarowski, Krupp von Bohlen und Halbach oder Mautner-Markhof, aus der österreichischen Kultur der Zeit Persönlichkeiten wie Herbert von Karajan, Marcel Prawy, Attila Hörbiger, Paula Wessely, oder Magda Schneider – aus aller Welt kamen die Patienten angereist, nur um sich von Dr. Albrich behandeln zu lassen, dem Gründer und medizinischen Leiter der Kuranstalt.

Dr. Albrich war den Überlieferungen zufolge eine sehr charismatische Persönlichkeit, ein herausragender Arzt und Mensch – das steht auf der einen Seite, auf der anderen stehen seine nationalsozialistische Vergangenheit mit Berufsverbot nach 1945 (er hat beispielsweise auch Hitlers Außenminister von Ribbentrop behandelt, der bei den Nürnberger Prozessen als einer von 24 Hauptkriegsverbrechern zum Tod verurteilt wurde) und vor allem seine ganz starke Bindung zu seinem Mentor Prof. Hans Eppinger, der maßgeblich an Menschenversuchen im KZ Dachau beteiligt war, und der sich das Leben genommen hat, bevor er in den Nürnberger Ärzteprozessen hätte aussagen sollen. (s.a. „Medizinalrat Univ. Doz. Dr. Edwin Albrich – Zur Namensgebung von Schrunser Straßen und Wegen“, 1984, und  Wolfgang Weber „Von Tätern und Opfern der NS-Euthanasie im Bregenzerwald, 2008)

Also man sieht, zumindest assoziativ ist die Kuranstalt mit einer Dimension des Grauens verstrickt, die die Auseinandersetzung mit dem Gebäude zu einer ambivalenten Angelegenheit macht.

Mit Dr. Albrich stand und fiel die Kuranstalt, nach seinem Tod 1976 gab es mehrere Versuche, an den einstigen Ruhm anzuknüpfen, aber sie blieben schlussendlich erfolglos.

 

 

Zum künstlerischen Projekt:

Und so steht die Kuranstalt schon seit langem leer und bevor sie abgerissen wird, haben Ines Agostinelli und Roland Haas zehn Künstlerinnen und Künstler der jüngeren Generation eingeladen, im Gebäude zu arbeiten, also aus dem Material des Hauses heraus ortsspezifische Interventionen zu entwickeln.

Das Besondere dabei war, dass der Kur- und Hotelbetrieb einst aus Geldmangel gestoppt wurde mit der Absicht, in naher Zukunft wieder zu eröffnen – was aber nie eingetroffen ist. Und so haben wurde das Gebäude vorgefunden – wie in einer Art Zeitkapsel, originales Inventar, Jahrzehnte alt, staubig, ziemlich durcheinander gebracht und abgewetzt durch eine Reihe von obskuren Bewohnern, aber im Prinzip bereit für neue Gäste.

Und aus dieser skurrilen Situation heraus sind die künstlerischen Arbeiten entstanden – performative Arbeiten, Videos, Fotografien und Zeichnungen, aber überwiegend installative, skulpturale Arbeiten, die ganz subtile Unschärfen entfalten, was ist vorgefundener Originalzustand und was künstlerische Intervention.

Das war der Status quo Ende Mai. Die Künstlerinnen und Künstler, darunter Christian Eisenberger, Klaus Mosettig, Barbara Husar und Maria Bussmann, um nur einige zu nennen, hatten ihre Arbeiten vor Ort beendet und eine fertige Ausstellung hinterlassen, die im September in der Kuranstalt hätte eröffnet werden sollen.

 

 

Was dann passiert ist – und was vielleicht schon bekannt ist – es sind Jugendliche mehrfach in die Kuranstalt eingebrochen und haben weite Teile der Ausstellung verwüstet, zahlreiche der Skulpturen zerstört und mit Graffitis auch die Atmosphäre der unbespielten Räume beeinträchtigt.

Das sind Einbruch und schwere Sachbeschädigung, jetzt Sache der Staatsanwaltschaft, was nicht verharmlost werden soll, aber in der Wahl, ein Drama daraus zu machen und das Projekt für gescheitert zu erklären oder aber den Vandalismus als Impuls von außen einzubeziehen, haben die Kuratoren beschlossen, das inhaltliche Spektrum des Projekts um die gewaltsamen Eingriffe zu erweitern.

Und so betrachtet, nicht im strafrechtlichen, sondern rein im kunsttheoretischen Kontext, ergeben sich auch extrem spannende, neue Fragestellungen, z.B. über Urheberschaft, Ästhetik oder auch die Festlegung des materiellen Werts einer Arbeit (worüber unter anderem auch im Rahmen einer Podiumsdiskussion am 28. November im Kunstforum diskutiert wird).

Zudem lässt sich, quasi im Zeitraffer, der weitere Verfall des Gebäudes mit den installierten Arbeiten beobachten, was auch eine durchaus interessante Erfahrung ist; Tatsache ist jedoch trotzdem, dass die zerstörten Skulpturen als das, was sie waren, nicht mehr funktionieren, und dass die Ausstellung auch allein schon wegen der vielen Scherben nicht einfach öffentlich zugänglich gemacht kann.

Daher  wird im Kunstforum ein Archiv zu dem Projekt installiert, das, wie bereits erwähnt, zur langen Nacht der Museen eröffnet; gezeigt werden neben den entstandenen Fotografien, Videos und Zeichnungen, die Dokumentation der zerstörten Arbeiten sowie die Dokumentation des Gebäudes im vorgefundenen wie im beschädigten Zustand.

Die Ausstellung läuft dann bis in den November und endet am 28. mit der Podiumsdiskussion und Präsentation des Bildbandes, der zum Projekt erscheint. Für den Text konnte Roger Martin Buergel gewonnen werden, der ja als künstlerischer Leiter documenta 12 in Kassel zu einem der international wichtigsten Ausstellungsmacher, Kunst-Theoretiker und -Publizisten geworden ist.

In seinem Text geht es im Wesentlichen um die Gleichsetzung und Unterschiede von Klinik und Museum. Er schreibt über die Kuranstalt wie über ein Museum, mit allem, was daran krank ist.

Im Rahmen des Vermittlungsprogramms werden zu bestimmten Terminen Führungen durch die Kuranstalt in kleinen Gruppen angeboten. Es werden sowohl die beschädigten als auch intakten Installationen sowie ausgewählte nicht bespielte Räume im Originalzustand zu sehen sein.

 

 

 

Die Besonderheit zur langen Nacht der Museen werden nun Nachtführungen durch die Kuranstalt sein – zu jeder vollen Stunde, zwischen 19 und 23 Uhr, Treffpunkt vor der Kuranstalt. Es gibt im Gebäude keinen Strom, also wird es durch zwei Feuerwehren von außen beleuchtet und die Besucherinnen und Besucher können, ausgestattet mit Taschenlampen und Stirnlampen, in kleinen geführten Gruppen auf Entdeckungsreise gehen.

 

FACTBOX:

 

Lange Nacht der Museen: Samstag, 2. Oktober, Eröffnung der Ausstellung ab 18 Uhr im Kunstforum Montafon19 Uhr, 20 Uhr, 21 Uhr, 22 Uhr, 23 Uhr: Nacht-Führungen durch die ehem. Kuranstalt Montafon, Treffpunkt vor der Kuranstalt, bitte Taschenlampen und/oder Stirnlampen mitbringen! Dank der professionellen Unterstützung der Feuerwehren von Schruns und Tschagguns wird die Kuranstalt von außen illuminiert.

 

 

Schrunser Kunstnacht: Freitag, 8. Oktober, ab 18.30 Uhr.

19 Uhr, 20 Uhr, 21 Uhr, 22 Uhr: Nacht-Führungen durch die ehem. Kuranstalt Montafon, Treffpunkt vor der Kuranstalt, bitte Taschenlampen und/oder Stirnlampen mitbringen! Dank der professionellen Unterstützung der Feuerwehren von Schruns und Tschagguns wird die Kuranstalt von außen illuminiert.


Ausstellungsdauer: 3. Oktober bis 14. November 2010

Öffnungszeiten: Samstag und Sonntag, 15 bis 17 Uhr

Führungen durch die Kuranstalt: Samstag, 6. Nov. Und Samstag, 13. Nov., 15 Uhr, Treffpunkt vor der Kuranstalt

Buchpräsentation und Podiumsdiskussion: Sonntag, 28. Nov., 18 Uhr, im Kunstforum Montafon