„GUTE REISE“ von Othmar Eder



Othmar Eder ist Zugfahrer. Neben zahlreichen Reisen nach Südamerika und anderswohin auf der Welt, fährt er fast täglich mit der Bahn von seinem Wohnort Pfaffhausen bei Zürich ins Atelier nach Schaffhausen.


Auszug aus der Vernissagerede von Günther Moschig:

Zuerst: Othmar Eders Montafoner Ausstellung ist keine Aneinanderreihung von Bildern, sondern eine Installation mit einem inhaltlichen Konzept und - das ist in der Arbeit Eders wichtig – sie geht auf den gegebenen Ausstellungsraum ein. Dadurch ergeben sich in seiner Arbeit immer neue Sinnzusammenhänge. „ GUTE REISE ” ist der Titel der Ausstellung, und damit ist das Thema vorgegeben.

Othmar Eder ist Zugfahrer. Neben zahlreichen Reisen nach Südamerika und anderswohin auf der Welt, fährt er fast täglich mit der Bahn von seinem Wohnort Pfaffhausen bei Zürich ins Atelier nach Schaffhausen. Das sind 2 x 40 min Zugfahrt von einem bekannten Ort zu einem anderen bekannten Ort. Diese Reise definiert sich dann auch weniger durch Abfahrt und Ankunft, als vielmehr durch die Passage. Othmar Eder ist Passagier – und weiß als genauer und sensibler Beobachter seiner Umwelt um die veränderten Wahrnehmungsparameter, die die Geschwindigkeit der Zugfahrt mit sich bringt.



Neben dem Erleben der Natur, deren Formen immer wieder in seinen Arbeiten auftauchen, ist das was er aus der Medienwelt erfährt, Anlaß für seine Kunst. Othmar Eder erlebt die Welt in diesem Spannungsfeld zwischen rewal Erfahrbarem und einer über die Medien vermittelten Wirklichkeit. Ausgestattet mit einem breiten Sensorium zur Wahrnehmung der visuellen Erscheinungen unserer Welt erfindet er seine Bilder immer neu.

In seiner Arbeitspraxis hat er sich ein wenig von der reinen Malerei entfernt – hin zu einem offenen Umgang mit anderen künstlerischen Medien wie Fotografie, Fotokopie oder direkten Bildzitaten aus den Tageszeitungen.

Offenheit ist überhaupt ein Begriff, der Eders Arbeit kennzeichnet. Er hat sich die Freiheit erhalten, wie ein Kind neugierig zu bleiben, immer etwas zu entdecken und zu finden. Und das ist mit Sicherheit der Grund dafür, daß seine Arbeit nie in künstlichen Formalismen erstarrt. Als Reisender überläßt er sich dem Zustand des Ungleichgewichtes – und das ist eine zutiefst poetische Haltung. Das Reisen ist bei ihm auch weniger ein inhaltliches, als vielmehr ein wahrnehmungstheoretisches Konzept.

Othmar Eder tritt uns hier in der Ausstellung vor allem als Zeichner entgegen. Die Trägermaterialien dafür sind Karton, Leinwand, Holz und Papier - oft in Schichten übereinander. Dadurch bleibt immer etwas im Verborgenen, das läßt dem Betrachter viele Möglichkeiten offen. Othmar Eder verarbeitet in diesen Bildern auch alle Erlebnisse, die das Reisen mit sich bringen kann. Die Guten und die Schlechten. Die Schönen und die Häßlichen . „ Die künstlerische Einsicht und Entdeckung entsteht daraus jedesmal als ein neues und einzigartiges Bild der Welt ” – das ist im Sinne Andrej Tarkowskij´s, den Othmar Eder sehr schätzt.

Lassen Sie mich mit einen anderen Zitat enden. Lord Byron : ” Das Wesen des Reisens liegt nicht darin, wohin man reist, sondern in dem was man auf dem Weg dorthin sieht oder lernt ”.
Othmar Eder zeigt es uns in dieser Ausstellung vor.

Günther Moschig, Juni 2001